ms Frankfurt
– Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet bei einer raschen Zinswende in den USA und weltweit mit deutlichen Korrekturen an den globalen Finanzmärkten und auch mit merklichen Kursverlusten an den Aktienmärkten. „Es kann gut sein, dass es eine spürbare Korrektur an den Märkten gibt, wenn jetzt die Zinsen steigen“, sagt IWF-Kapitalmarktchef Tobias Adrian im Interview der Börsen-Zeitung. Laut IWF-Schätzungen könne ein Anstieg der Realzinsen um 50 bis 100 Basispunkte an den Aktienmärkten zu Kursverlusten von 8
% bis 12
% führen, so Adrian.
Die Aussagen kommen wenige Tage vor der Sitzung der US-Notenbank Mitte kommender Woche, bei der die Fed Signale für eine erste Zinserhöhung im März geben könnte. Angesichts der hohen Inflation und nach jüngsten Aussagen von Notenbankern werden in diesem Jahr inzwischen sogar insgesamt vier Zinserhöhungen um jeweils 25 Basispunkte eingepreist, parallel wird über einen raschen Beginn des Bilanzabbaus spekuliert. Das hat bereits für große Unsicherheit an den Märkten gesorgt und teilweise zu deutlichen Kursverlusten geführt.
Adrian, der qua Amt auch oberster Berater von IWF-Chefin Kristalina Georgiewa in Finanz- und geldpolitischen Fragen ist, erinnert nun daran, dass die niedrigen Zinsen und die expansive Geldpolitik ein wesentlicher Treiber der „teilweise sehr hohen Bewertungen vieler Vermögenswerte“ waren. Entscheidend sei jetzt, dass sich die Korrektur nicht übertrieben oder turbulent vollzieht. Da komme es darauf an, dass die Zentralbanken ihre Politik gut kommunizieren. „Es gilt, böse Überraschungen zu vermeiden“, so Adrian.
Laut Adrian gibt es aber keine Alternative zu einer allmählichen geldpolitischen Normalisierung. Die aktuell hohe Inflation werde nicht unbedingt von ganz allein wieder sinken. „Es kommt eben auch darauf an, dass die Geldpolitik richtig reagiert“, sagt Adrian: „Die Realzinsen sind extrem niedrig. Das muss sich mittelfristig ändern.“ Vor allem für die Fed bestehe „dringender Handlungsbedarf“. Sorgen, dass Zinserhöhungen den Konjunkturaufschwung abwürgen könnten, teilt Adrian angesichts der sehr niedrigen Realzinsen nicht. „Ich sehe aktuell keine große Gefahr für den Aufschwung, wenn die Leitzinsen nun langsam steigen“, sagt Adrian. Im Euroraum bewertet Adrian die Lage etwas anders, weil die Inflation niedriger sei und die Nachfrage weniger stimuliert worden sei. „Die EZB hat also etwas mehr Zeit als die Fed bei der Normalisierung der Geldpolitik.“
Im Interview:
Tobias Adrian
„Es kann eine spürbare Korrektur an den Märkten geben“
Der Kapitalmarktchef des IWF, Tobias Adrian, spricht im Interview über die hartnäckig hohe Inflation und die nötige Reaktion der Geldpolitik, die Risiken für die Märkte und digitales Zentralbankgeld.
„Ich sehe aktuell keine große Gefahr für den Aufschwung, wenn die Leitzinsen nun langsam steigen.“
Tobias Adrian