ms Frankfurt
– Unmittelbar vor der heutigen Zinsentscheidung der US-Notenbank plädieren führende Ökonomen wegen der hohen Inflation für einen schnelleren Ausstieg der Fed aus den billionenschweren Anleihekäufen und für raschere Zinserhöhungen. „Sie sollte sich so schnell wie möglich in diese Richtung bewegen“, sagt etwa Olivier Blanchard, Ex-Chefvolkswirt des IWF und heute Wirtschaftsprofessor am angesehenen MIT, in einer Umfrage der Börsen-Zeitung. Auch auf die EZB, die morgen entscheidet, wächst teilweise der Druck. „Die EZB hat zwar mehr Zeit als die US-Notenbank, sie wird aber ihre Politik wesentlich schneller straffen müssen als jetzt geplant“, sagt der renommierte Wirtschaftsprofessor und langjährige britische Notenbanker Charles Goodhart in der Börsen-Zeitung.
Sowohl die Fed als auch die Europäische Zentralbank (EZB) stehen vor wegweisenden Sitzungen. Sie sind aktuell mit einem Dilemma konfrontiert und müssen entscheiden, wie sie damit umgehen: Einerseits übertrifft die Inflation in den USA und im Euroraum weiter fast alle Erwartungen, und es wächst die Sorge, dass das Problem doch nicht nur von kurzer Dauer sein wird. Andererseits ist die Konjunkturunsicherheit weiter sehr groß und aktuell durch die Coronavirus-Mutation Omikron sogar noch einmal erhöht.
Ex-IWF-Chefökonom Blanchard zeigt sich nun verwundert, dass die Fed das Inflationsproblem nicht hat kommen sehen. Jetzt müsse die Fed so schnell handeln, wie es möglich sei, ohne die Märkte zu verschrecken. Bei der EZB sieht Blanchard etwas weniger Druck, zumal der fiskalische Stimulus kleiner ausfalle als in den USA. Die EZB müsse aber klar kommunizieren, dass es das Risiko einer schnelleren geldpolitischen Anpassung gebe, so der Ökonom.
Ex-Notenbanker Goodhart dagegen sieht die EZB und die Notenbanken generell unter Zugzwang, weil „die Inflation in den kommenden Jahrzehnten zu einem größeren Problem werden wird“. Viele inflationsdämpfende Trends der Vergangenheit dürften sich nun umkehren.
Auch Ex-EZB-Chefvolkswirt Peter Praet ist der Ansicht, dass die EZB ihre Geldpolitik künftig rascher normalisieren muss. Praet warnt zudem wegen des sich aufbauenden Inflationsdrucks vor „Spannungen zwischen Geld- und Fiskalpolitik“.
Im Interview:
Ökonomen zur Geldpolitik
„Die EZB hat sicher mehr Zeit als die Fed“
Fünf Ökonominnen und Ökonomen erklären im Interview, ob die Notenbanken die Inflation unterschätzt haben, welche geldpolitischen Maßnahmen jetzt nötig sind und wie sich die Situation der EZB von derjenigen der Fed unterscheidet.
Geldpolitik
Zentralbanken kämpfen mit steigenden Preisen
Die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) entscheiden über ihren weiteren Kurs. Die Spannung ist groß. Wie werden sie die hartnäckig hohe Inflation einschätzen? Und wie darauf reagieren?